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Passives Radar

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Sperber

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Lauschangriff im Wellenmeer

Von Markus Becker

Eine neuartige Überwachungs-Technologie lehrt Militärs und Datenschützer das Fürchten: Passives Radar sendet keine eigenen Signale aus und kann dennoch Flugzeuge, Schiffe, Autos und Menschen orten - und sogar "Stealth"-Bombern die Tarnkappe entreißen.

Als der Professor zum Vortrag anhob, spitzten die Geheimdienstler die Ohren. John Sahr von der University of Washington dozierte unter Ausschluss der Öffentlichkeit über ein wundersames Gerät, das in der Lage sei, selbst kleinste Partikel in einer Höhe von 500 Kilometern zu entdecken - und zwar ohne einen eigenen Suchstrahl in den Äther zu schicken. Zudem sei das System "unglaublich billig": 20.000 US-Dollar habe es gekostet - Peanuts im Vergleich zu den 25 Millionen Dollar, die laut Sahr ein vergleichbares konventionelles Radar verschlungen hätte.
Seattle, vergangene Woche: Handverlesene Experten aus aller Welt, Rüstungs- und Kommunikationsunternehmen stellten ihre jüngsten Fortschritte auf dem Gebiet des Passivradars vor. Die westlichen Militärs und Sicherheitsbehörden kamen mit allem, was Rang und Namen hat: aus den USA der Militärgeheimdienst DIA, der Nationale Sicherheitsdienst NSA, die Spionagesatelliten-Betreiber vom National Reconnaissance Office (NRO), der Überwachungsdienst für feindliche Bodentruppen NGIC, die Missile Defense Agency und Schlapphüte der verschiedenen Truppengattungen, dazu die für die Bewertung technischer Neuerungen verantwortliche Nato-Abteilung C3 sowie Vertreter der Verteidigungsministerien Großbritanniens und Australiens - um nur einige zu nennen. Der bemerkenswerte Aufmarsch hatte einen guten Grund: Es ging um das Ortungssystem der Zukunft.

Radar, kurz für "radio detection and ranging", funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Man sendet ein starkes Signal aus und berechnet anhand des Echos die Entfernung des Ziels. Fortschrittliche Systeme können auch die Geschwindigkeit eines Objekts messen, indem sie Verschiebungen in der Frequenz des Signals auswerten - den so genannten Doppler-Effekt, der im Alltag hörbar wird, wenn ein Krankenwagen mit heulender Sirene vorbeirast.

Echos aus der Wellensuppe

Als der Erfinder Christian Hülsmeyer 1904 mit dem ersten funktionierenden Radar Schiffe auf dem Rhein ortete, war es noch recht still im Äther. Heute aber überschwemmen Radio- und Fernsehsender, Satelliten und Mobilfunkanlagen die Atmosphäre mit einer Flut an elektromagnetischen Wellen. Flugzeuge, Schiffe, Autos, einzelne Personen: Praktisch jedes Objekt bewegt sich durch die Wellensuppe wie ein Fisch durchs Wasser - und wirft zwangsläufig messbare Echos zurück.

Schon lange versuchen Ingenieure, sich diesen Effekt für ein Ortungssystem nutzbar zu machen. Die Vorteile eines solchen passiven Radars sind verlockend: Man könnte alle möglichen Objekte verfolgen, ohne sich selbst durch eigene Suchsignale zu verraten. Leistungsstarke Sendeanlagen wären überflüssig, was die Kosten enorm senken würde. Allerdings verursachen tausende von Sendern aller Art und Myriaden von Reflexionen ein Wellenchaos, dessen Entschlüsselung nur mit Hilfe gigantischer Rechenpower vorstellbar ist.

Die steht nun offenbar zur Verfügung: Nach Jahren der Forschung steht die Technologie des passiven Radars kurz vor der Serienreife. Gleich mehrere Unternehmen melden Durchbrüche, die Termine für Feldtests und Konferenzen häufen sich derzeit auffallend. Roke Manor Research mit Sitz im britischen Hampshire etwa hat gemeinsam mit BAe Systems ein System namens "Celldar" ("Cellphone Radar") konstruiert, das die Echos von Mobilfunk-Sendeanlagen erfasst - und auf eigene Ortungssignale verzichtet. Die Allianz ist potent: BAe ist ein Gigant in der Luft- und Raumfahrtbranche, Roke Manor ein Kommunikations- und Elektronik-Unternehmen mit langer Tradition im Rüstungssektor - und Teil des Siemens-Konzerns, einem der weltweit größten Hersteller von Mobilfunk-Technologie.

Roke Manor will dem britischen Verteidigungsministerium die Leistungsfähigkeit von "Celldar" in diesen Tagen bei einem Manöver in der Ebene von Salisbury vorführen. Während der Übung soll das System die Bewegungen von Panzern, Lkw und gepanzerten Truppentransportern verfolgen. Der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin demonstrierte dem Pentagon bereits im vergangenen Herbst, dass die dritte Generation des Passivradars "Silent Sentry" ("stiller Wächter") den gesamten Luftverkehr über Washington anhand der Echos von Rundfunksignalen erfassen kann.

Passives Radar ist für Militärs äußerst interessant. Da es kein eigenes Signal aussendet, sind Anti-Radar-Raketen, die auf dem Ortungsstrahl von Luftabwehrbatterien "surfen", nutzlos. Kampfjet-Piloten könnten nicht einmal ahnen, dass ihre Bewegungen überhaupt verfolgt werden. Die US-Strategen dürften der neuen Technologie mit entsprechend gemischten Gefühlen entgegen sehen, denn der Himmel über den Krisenregionen der Welt gehört nahezu ausschließlich amerikanischen Flugzeugen. Es würden in erster Linie die militärischen Underdogs von der spottbilligen Passivradar-Technologie profitieren. Ein früher "Celldar"-Prototyp von 1999 etwa bestand aus einem handelsüblichen PC und den Innereien zweier Handys. Kostenpunkt laut Roke Manor: weniger als 3000 Euro.

Gefahr für die Tarnkappenbomber

Was den Planern im Pentagon aber noch größere Sorgen bereiten dürfte, ist die Tatsache, dass die sündhaft teuren Tarnkappenbomber vom Typ B-2 und F-117 ihren entscheidenden Vorteil verlieren könnten. Die "Stealth"-Flugzeuge sind für gegnerisches Radar nahezu unsichtbar, weil sie keine klaren Echos zurückwerfen. Das Ortungssignal wird durch die beinahe nahtlose Hülle, die spezielle Lackierung und die besondere Form der Jets in alle Winde zerstreut. Ein passives Radarsystem, das die Echos zahlreicher Quellen auswertet, könnte nach Ansicht von Experten dagegen sehr wohl einen "Stealth"-Bomber orten. Die B-2 und die F-117 besitzen keine Waffensysteme zur Selbstverteidigung und fliegen ohne Begleitschutz in feindliches Territorium - einzig geschützt durch ihre Unsichtbarkeit. Wäre sie verschwunden, böten die schwerfälligen Tarnkappenbomber leichte Ziele.

Die von Lockheed Martin genutzten Rundfunkssender haben zwar mit rund 200 Kilometern eine zehn Mal höhere Reichweite als die "Handy-Spargel", doch letztere sind wesentlich kleiner und in großer Zahl flächendeckend über das ganze Land verteilt - was sie für Luftangriffe zu einem kniffligen Ziel macht. Stattdessen könnten die Kampfflieger selbst zur Zielscheibe werden, ohne auf die für Anti-Radar-Raketen unsichtbaren Lauscher feuern zu können.

"Man kann ein ganzes Land überwachen"

Sicherheitsbehörden versprechen sich vom Passivradar den Vorstoß in neue Dimensionen der Überwachung. Mit einem "Celldar"-System an Bord eines "Awacs"-Flugzeugs ließe sich nach Worten von Roke-Manor-Entwicklungschef Peter Lloyd "ein ganzes Land verdeckt überwachen", nur indem man an seinen Grenzen entlang fliegt. In einer Pressemitteilung behauptete die britische Firma gar, "Celldar" könne auch einzelne Menschen "auf militärisch nutzbare Entfernungen" verfolgen. Das Dokument sorgte für reichlich Wirbel unter britischen Medien und Datenschützern - und wurde von Roke flugs zurückgezogen.

Die Big-Brother-Szenarien, die bei dieser Gelegenheit beschworen wurden, könnten allerdings wahr werden. Denn passive Radarsysteme dürften in absehbarer Zeit selbst für Hobbybastler erschwinglich werden - eben jene Klientel, die sich heute einen Spaß daraus macht, mit so genannten Scannern den Polizeifunk und das Schnurlostelefon des Nachbarn anzuzapfen. Zwar ist die Lauscherei illegal, doch das schert wenige - man sendet schließlich kein verräterisches Signal. So lange der Lauscher passiv in seinem stillen Kämmerlein sitzt, wird er unbemerkt bleiben.

Quelle:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,271578,00.html
 
Na Klasse...

Ich sehe schon förmlich vor mir wie im US-Haushalt für Verteidigung Gelder in immenser Höhe locker gemacht werden, um neue Flugzeugtechnik bzw. Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

Die Möglichkeit der unentdeckten Ortung von Einzelpersonen ist extrem - wenn heute schon große Beängstigung über stille Ortung per Service SMS durch Verfassungsschutz, Polizei etc. herrscht.

Das einzige was dagegen hilft ist wohl in entlegene Gegenden oder Höhlen zu fliehen, bzw. in isolierte Bunker mit Bleiwänden?!
 
nunja schön und gut,
aber was ist mit Einsätzen in Gebieten wie z.B. dem Irak:
2 Radiostationen und 50 Mobiltelefone im ganzen Land.
Viel Spaß bei der Passiv-Ortung!
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wetten der test "läuft schief"!?
die amis würden dadurch einen riesen vorteil verlieren. glaubt mir das lassen die nicht mit sich machen...
 
Ich würde das eher andersrum sehen - die Rüstungsindustrie hat einen riesen Vorteil davon, wenn mehr Bewegung in den Rüstungsmarkt kommt und Gelder mobilisiert werden. Wegbeissen werden die den Anbieter des Passiv-Radars sowieso bzw. patentrechtlich die Sache in ihre Hände nehmen und mit dem nötigen goldenen Handschlag dafür sorgen, das wenig Informationen nach Aussen dringen wie das Funktionieren soll. Aber allein die Möglichkeit der Passiv-Ortung und vernünftige Angstmache bzw. Propaganda durch den Medienapparat reichen doch, um die Bevölkerung wieder davon zu überzeugen Unmengen in Rüstung zu stecken. Ist ja gegen den Terror...
 

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