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Auch Quelle aufgebauscht?
Unsaubere Methoden bringen britische Rundfunkanstalt ins Zwielicht. </span>
Nach dem Tod des britischen Waffenexperten David Kelly geht die Suche nach den Schuldigen weiter.
Rücktrittsforderungen
Ministerpräsident Tony Blair, sein Sprecher Alistair Campbell und Verteidigungsminister Geoff Hoon lehnen einen Rücktritt ab und verweisen auf laufende Ermittlungen zu Kelly Tod. Rücktrittsforderungen hagelt es allerdings auch in Richtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt BBC.
Kontroverse um Irak-Berichte
Der Sender hatte Ende Mai unter Berufung auf einen "ranghohen Beamten" das Regierungsdossier über irakische Waffenprogramme als aufgebauscht bezeichnet und eine heftige Kontroverse ausgelöst.
Auf Betreiben von Campbell sei etwa die Formulierung eingefügt worden, der Irak könne innerhalb von 45 Minuten Massenvernichtungswaffen aktivieren, hatte der BBC-Redakteur Andrew Gilligan berichtet.
Kelly einzige BBC-Quelle
Am Sonntag räumte die BBC ein, dass Kelly ihre "Hauptquelle" für die Vorwürfe war. Das hatte der 59-Jährige am vergangenen Dienstag vor einem Parlamentsausschuss noch bestritten. Am Freitag wurde Kelly tot aufgefunden.
Kritik aus Medien und Politik
Die Vorgangsweise des Senders löste massive Kritik von Journalisten und Politikern aus. Die Vorwürfe richten sich nicht nur gegen den BBC-Verteidigungsspezialisten Andrew Gilligan, sondern auch gegen BBC-Präsident Gavin Davies und Generaldirektor Greg Dyke.
Grundsätze verletzt
Über Gilligans Berichte, die offenbar einzig und allein auf Kellys Angaben basierten, schütteln auch jetzige und ehemalige Journalisten der BBC selbst den Kopf. Wo blieb etwa der Gegencheck, die in den Richtlinien der ehrwürdigen Anstalt so streng geforderte zweite Quelle? fragen nicht wenige Insider.
Auch Quelle aufgebauscht?
Der frühere "Guardian"-Chefredakteur Peter Preston befürwortet zwar grundsätzlich die Veröffentlichung der BBC-Informationen, mit ihrer Darstellung geht er aber hart ins Gericht.
Kelly sei eben nicht, wie von der BBC behauptet, ein hochrangiger und vertrauenswürdiger "Geheimdienstbeamter" gewesen, betont Preston.
Der Wissenschaftler sei ein Eierkopf, der für das Verteidigungsministerium tätig war. An der Erstellung des inkriminierten Dossiers vom September 2002 sei Kelly zwar beteiligt gewesen, allerding habe er nur einige rückblickende Absätze beigetragen.
"The Guardian": Kompromiss abgelehnt
Schwere Vorwürfe gegen die BBC erhebt auch der "Guardian" (Montag-Ausgabe). Die BBC-Führung habe nämlich einen Kompromiss blockiert, der den Selbstmord Kellys womöglich verhindert hätte.
BBC-Präsient Davies und Direktor Dyke hätten ein Angebot der Regierung ausgeschlagen, bevor diese die Identität von Kelly als Quelle für den umstrittenen Bericht durchsickern ließ.
Dialog mit Regierung untersagt?
Laut dem "Guardian" war die BBC-Führung entschlossen, in ihrem Konflikt mit Blairs Sprecher Campbell nicht einzulenken. Vor allem Davies sei besorgt gewesen, er würde so seine Autorität in der BBC verlieren und als Labour-Parteisoldat dastehen. Daher habe er es Dyke untersagt, Fühler zur Regierung auszustrecken.
Abgeordneter: BBC schuld am Tod
Schützenhilfe in ihrer Kritik am Umgang der BBC mit ihrem Informanten bekommt Blairs Regierung auch von der Opposition. Der konservative Abgeordnete aus Kellys Wahlkreis, Robert Jackson, gibt dem Sender die Schuld an Kellys Tod und fordert den Rücktritt von Davies.
Kein gutes Haar lässt Jackson vor allem am BBC-Journalisten Gilligan. Dieser habe seinen Bericht, demzufolge die Downing Street das Irak-Dossier gegen den Einspruch der Geheimdienste "sexier" gemacht habe, großteils erfunden. Auch Gilligan solle gehen, so der Abgeordnete.
Ausschusschef: Management prüfen
Unmut über die BBC äußert auch der Vorsitzende des zusändigen Unterhausausschusses für Kultur, Medien und Sport, Gerald Kaufman: "Das Verhalten der BBC macht eine Prüfung ihrer Führung und Handhabung von Nachrichten erforderlich."
Es stelle sich die Frage, ob die BBC weiter als öffentlich-rechtlicher Sender bestehen sollte, so der Labour-Mann. Die Anstalt habe sich in einer Art und Weise verhalten, über die sich ein Boulevardblatt "nur wundern" könnte, und ihre journalistischen Standards in Frage gestellt.
Freund: Kelly glaubte an Waffen
Viele Fragen offen lässt die BBC auch für Kellys Freund Tom Mangold. "Ich verstehe nicht, warum sich die Rundfunkräte hinter die ganze Sache gestellt haben", so der TV-Journalist.
Kelly selbst hat sich laut Mangold jedenfalls sehr über die Aussicht gefreut, wieder in den Irak zu fahren. Der Experte sei davon überzeugt gewesen, einige Bestandteile von Saddam Husseins Waffenprogramm finden zu können.
quelle: orf.at
mehr infos dazu:
http://news.orf.at/030721-65038/