Religion ist nicht gleich Religion, Mensch ist nicht gleich Mensch, und ich finde es immer eine schlechte Idee, alle über einen Kamm zu scheren. Es gibt zwar immer auch Fälle, in denen die falschen Dinge aus den tatsächlich richtigen Gründen gemacht wurden, das meiste "Schlechte" geht aber von Menschen aus, die genau dieses "Schlechte" wollen und dafür einen Vorwand nutzen, sei es bewusst oder unbewusst. Dementsprechend bin ich nicht für pauschalisierte Verbote oder Einschränkungen, sondern umgekehrt für jede individuelle Freiheit, solange sie die Freiheiten der anderen nicht beschränkt; das schließt natürlich auch Religionsfreiheit mit ein.
Allerdings sehe ich auch genau da einen Knackpunkt in der Religionsauslegung vieler Menschen. Mal abgesehen davon, dass auch die institutionalisierten Religionen durch stetige Interpretation in ihrer Auslegung bereits stark verwässert sind (gleichwohl immer noch Absolutheitsanspruch besitzen, meistens jedenfalls), so deckt sich die individuelle religiöse Ansicht nicht mit den eigentlichen Vorgaben des eigenen Glaubens. "Das Christentum" genauso wie "der Islam" (beides gibt es so homogen nicht, ich beziehe mich auf die Hauptanteile der institutionalisierten Kräfte) fordern und fördern noch immer die Missionierung durch ihre Mitglieder, und wer sich dem entzieht handelt gegen die Ziele der eigenen Kirche. Trotzdem wirst du viele "Christen" und "Moslems" finden, die andere nicht aktiv missionieren, sondern nur ihre persönliche Ansichten ausleben wollen.
In meinen Augen geht es daher bei der Religionsfreiheit auch um die Frage, welche Freiheiten eine aktiv missionierende institutionelle Kirche besitzen darf. Und dieser Aspekt muss für eine sinnvolle Betrachtung vom persönlichen Ausüben der individuellen Glaubensvorstellungen getrennt werden - wenn man die gesellschaftlichen Ansichten besser abbilden will. Daran haben natürlich die institutionalisierten Religionen wenig Interesse.
Nur damit mir keine Einseitigkeit vorgeworfen wird, es gibt auch zahlenmäßig relevante Missionsforderungen in Hinduismus und Buddhismus (aber keine Mehrheit), im Judentum sind sie hingegen lediglich bruchstückhaft ausgeprägt.