Im Oktober erließ die staatliche Universität St. Petersburg den sogenannten Befehl 1689/1
Dieser besagt, dass Mitglieder der Universität im Ausland erst publizieren dürfen, Vorträge halten dürfen oder was man sonst noch so machen kann, wenn das Direktorat das ganze geprüft hat und keine "Dual Use" - Technologie damit weitergegeben wird. Weiter betrifft dieses Exportverbot im Bereich der Forschung alles, was militärisch nutzbar wäre, also nicht nur die versteckten dual use Technologien.
Die Petersburger Universität hat natürlich, nachdem die Welt langsam Wind von diesem Vorgehen bekommen hat, eine nette
Gegendarstellung veröffentlicht, die das ganze recht nett herunterspielt. (Hier möchte ich anmerken, dass ich leider nur russische Quellen habe. In einer Vorlesung wurde das diese Woche erwähnt im Zusammenhang mit einem Beitrag im SZ-Feuilleton, auf sz.de findet sich aber nicht mehr.)
Es wird in dieser Verharmlosung etwa davon gesprochen, dass es bisher kaum Publikationsverbote gab und dieses Vorgehen in anderen Ländern auch üblich sei. Andererseits, und das ist nun mal die Realität, wählt die Humboldtstiftung seit gestern in Bonn aus einigen hundert Leuten neue Stipendiaten aus, von denen so gut wie keiner aus Russland stammt, da nämlich auch Bewerbungen für ein solches Auslandsstipendium unter den Befehl 1689/1 fallen.
Im Übrigen ist die Existenz von "Befehlen" an einer Universität im Bereich der Forschung ein Unding. Man könnte natürlich argumentieren, dass das russische Wort "приказ" ja auch für den Verwaltungsakt hergenommen werden kann, das Russische hat hierfür jedoch ein nicht dem Zarenreich und der Stalinzeit entlehnten Begriff.
Aber wieso gerade jetzt dieser Befehl? Ich persönlich bin etwas überfragt, es kämen natürlich Dinge wie die Planung dieses Atomraumschiffs in Betracht, auch die außenpolitischen Konflikte können für Spekulationen herhalten, aber mir scheint es, als würde in Russland im Moment versucht auf breiter Basis Forschung voranzutreiben, der Endergebnis noch nicht absehbar ist, welches aber durchschlagend sein wird.
Man darf nämlich nicht vergessen, dass eine Zuwiderhandlung gegen diesen Prikaz jetzt auch juristisch verfolgt werden kann - und zwar vollkommen legal und nicht in Form von irgendwelchen schlechten KGB-Spionagefilm-Vorbildern.